Mehrwertabgabe

Ist die Fälligkeit bei Veräusserung bei Mehrwertabgaben infolge Um- und Aufzonungen sachgerecht?

von 18. Februar 2019 Mai 27th, 2020 No Comments

Am Sonntag, 10. Februar 2019, wurde in der Stadt Bern über das Planungsmehrwertabgabereglement abgestimmt. Der deutlich angenommenen Stadtratsvorlage war ein Volksvorschlag gegenübergestellt, der in einem Punkt eine Abweichung von der Stadtratsvorlage verlangte. Die Freigrenze sollte bei Mehrwertabgaben infolge Um- und Aufzonungen nicht nur CHF 20‘000.00 sondern CHF 150‘000.00 betragen.

Hintergrund dieses Vorschlags ist ein im Kanton Bern bereits verschiedentlich diskutiertes Problem, das am besten anhand eines Beispiels veranschaulicht werden kann: A ist Eigentümer eines Einfamilienhauses in der Wohnzone W2 und sein Grundstück wird nun in die Wohnzone W3 aufgezont. A beabsichtigt nicht, von diesem Mehrwert Gebrauch zu machen, denn er ist mit seinem Einfamilienhaus sehr zufrieden. Gleichwohl wird ihm im Kanton Bern in Gemeinden, in denen Aufzonungen der Mehrwertabgabe unterstellt sind, mit der Aufzonung eine Mehrwertabgabeverfügung zugestellt. Da diese aber erst fällig wird, wenn er den Mehrwert durch Veräusserung oder Überbauung realisiert, stört ihn dies vorläufig nicht. Was ist aber, wenn er sein Einfamilienhaus an B verkaufen möchte und dieser genau wie A lediglich am Einfamilienhaus nicht aber an der besseren Ausnützungsmöglichkeit interessiert ist. In diesem Fall wird er A lediglich den Preis für das Einfamilienhaus bezahlen. A muss in diesem Zeitpunkt aber in der Regel dennoch die Mehrwertabgabe bezahlen, weil diese durch die Veräusserung fällig wird.

Basierend auf dieser Ausgangslage wurden im Vorfeld zum Erlass verschiedener Gemeindereglemente mögliche Lösungen diskutiert, um für Einfamilienhausbesitzer sachgerechte Lösungen zu ermöglichen. Einer dieser Lösungsansätze wurde im vorerwähnten Volksvorschlag mit der höheren Freigrenze bei Mehrwertabgabe infolge Um- und Aufzonungen wieder aufgegriffen. Köniz kennt ebenfalls bereits eine entsprechende Regelung. Eigentümer wären damit bei geringen Aufzonungen nicht mehrwertabgabepflichtig. Ein weiterer Lösungsansatz besteht darin, bei Mehrwertabgaben, die infolge von Auf- und Umzonungen verfügt werden, die Fälligkeit anders zu regeln. Wiederum ist die Gemeinde Köniz zu erwähnen, die eine solche Regelung kennt. Bei dieser sollen Mehrwertabgaben infolge Auf- und Umzonungen ausschliesslich dann fällig werden, wenn sie durch Überbauung (nicht aber durch Veräusserung) realisiert werden.

Die rechtliche Zulässigkeit dieser beiden Regelungen umstritten. Dabei sind einerseits die bundesrechtlichen und anderseits die kantonalen Vorgaben zu beachten. Das RPG hält in Art. 5 Abs. 1 RPG fest, dass erhebliche planungsbedingte Mehrwerte angemessen auszugleichen seien. Diese Grundsatzregelung gilt für sämtliche planungsbedingten Mehrwerten. Darüber hinaus wird in den Art. 5 Abs. 1bis ff. RPG eine Mindestregelung für Mehrwertabgaben infolge Einzonungen vorgesehen. Sofern nun also Kantone neben den Einzonungen auch Um- und Aufzonungen der Mehrwertabgabe unterstellen, sind sie bei der Ausgestaltung der Vorschriften nach überwiegender Lehre im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 RPG weitgehend frei. Entsprechend kann auch der Entscheid des Bundesgerichts (BGE 143 II 568), wonach die im Kanton Tessin vorgesehene Freigrenze von CHF 100‘000.00 bei Einzonungen unzulässig sei, nicht ohne weiteres auf Um- und Aufzonungen übertragen werden.

Auf kantonaler Ebene gibt sodann das Baugesetz des Kantons Bern in Art. 142a Abs. 4 eine Freigrenze von CHF 20‘000.00 vor. Zudem bestimmt es in Art. 142c Abs. 1 BauG die Fälligkeit. Da es das kantonale Baugesetz den Gemeinden überlässt, zu entscheiden, ob bei Um- und Aufzonungen eine Mehrwertabgabe erhoben wird, ist umstritten, ob die Vorgaben bezüglich Freigrenze und Fälligkeit nur für Mehrwertabgaben infolge Einzonungen oder auch für solche infolge Um- und Aufzonungen gelten.

Aufgrund dieser Problematiken wurden diese beiden Thematiken auch in der Teilrevision des Baugesetzes des Kantons Bern, für welche letztlich eine Vernehmlassung durchgeführt wurde, aufgegriffen. Namentlich soll das kantonale Baugesetz so geändert werden, dass die Freigrenze von CHF 20‘000.00 explizit nur noch für Einzonungen gilt und die Gemeinden im Reglement regeln können, bis zu welchem Betrag planungsbedingte Mehrwerte bei Um- und Aufzonungen sowie bei der Zuweisung von Land in Materialabbau- und Deponiezonen von der Abgabe befreit werden (Art. 142a Abs. 4 und 5 E-BauG). Genauso soll bei der Fälligkeit eine Anpassung erfolgen, so dass die Mehrwertabgabe bei Auf- und Umzonungen nur noch fällig wird, wenn der planungsbedingte Mehrwert durch Überbauung realisiert wird (Art. 142c Abs. 1a E-BauG).